Septembermorgen, unverstanden
Ein Septembermorgen in Steyr. Ich habe den Stadtplatz bergauf an der Kirche und dem „Freiheitswürfel“ vorbei verlassen. Auf der anderen Seite des Hügels geht es hinab ins Steyrtal, auf halber Höhe zweigt eine Seitenstraße ab, die hinunter zum Bahnhof Steyr Lokalbahn führt. Kurz vorher überquert man auf einer kurzen Brücke den komplett zugewachsenen Einschnitt, durch den früher das Gleis in einer Kurve Richtung Garsten führte. Jetzt endet es davor, am Ende des Lokalbahnhofs. Der Dunst hängt an diesem Morgen schwer im Tal, aber die Sonne ist bereits damit beschäftigt, ihn wegzulachen.
Ich bin ganz planlos hier, keine Ahnung, ob sich heute etwas bewegt auf der Steyrtal-Museumsbahn, aber ich habe Glück. Auf einem Seitengleis Richtung Garsten steht die 298.102, eingehüllt in eine fluffige Mischung aus Eigendampf und Morgendunst. Die Sonne scheint schüchtern hindurch und gibt der ganzen Szenerie eine ungewöhnlich sphärische Anmutung.
Das nun spontan (au weia!) entstandene Foto ist für mich eine schöne Erinnerung an diesen Herbstmorgen mit seiner verwunschenen Stimmung – für die Fotospezialisten bei Drehscheibe Online ist auf dem Bild in erster Linie ein (warum auch immer) in den Boden gerammter und schwarz lackierter Metallpfosten zu sehen, der leider das ganze Bild entwertet und die Stimmung völlig zweitrangig macht. Manche haben nicht einmal die Lokomotive auf dem Bild gefunden, so sehr hat dieses merkwürdige schwarze Metallstück sie in ihren Bann gezogen. Eine geheimnisvolle Wirkung geht davon aus, es scheint die Aufmerksamkeit bestimmter Sachverständiger mit der Kraft eines schwarzen Loches anzuziehen, eine Macht, die zu erforschen sicher gänzlich sinnfrei sein dürfte. Hier nochmal das Foto in der Version "wie die Experten es sahen":
All die Blechstumpfstarrer haben aber von vornherein einen Nachteil: Sie durften nicht dabei sein an diesem Morgen. Nicht erleben, wie sich der teilweise seltsam gülden schimmernde Dunst im Laufe der Rangierarbeiten vor den morgendlichen Sonderzug langsam aus dem Tal erhebt und ein strahlender Tag beginnt. Die Lok in der „modifizierten U-Ursprungsversion“ mit ihrer langen Nase und den hohen, schmalen Wasserkästen schleppt kurz darauf ihren Sonderzug aus dem Lokalbahnhof, dabei macht sie, scheinbar auf der Dampfwolke aus ihren offenen Zylinderhähnen schwebend, eher den Eindruck eines Steampunk-Dampfkissenfahrzeuges aus einem Jules-Verne-Roman.