Die leichte Unmöglichkeit des Seins

BAHN UND WIRKLICHKEIT

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Home / Essays / 2014 / August

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10/08/2014

Zum Pöstling 2007 und 2013 - ein Vergleichsangebot

Letztes Jahr im Herbst hatte ich endlich die Gelegenheit, wieder einmal die oberösterreichische Landeshauptstadt zu besuchen und ließ es mir nicht nehmen, die grundsanierte Pöstlingbergbahn zu er-fahren. Hier also mein Angebot eines Vergleiches zwischen alt (2007) und neu (2013), dem sicher Materiekenner einen mehr oder minder schweren Gehfehler attestieren werden. Sei's drum.

2007 mußte man seine Schritte noch nach Linz-Urfahr lenken, alternativ die Tram dorthin benützen (ist es sprachlich nicht viel netter, statt das Wort "benutzen" zu benützen, das österreichische "benützen" zu benutzen? Tu felix austria!).

Heute jedenfalls kann man seine Melange im Kaffeehaus Glockenspiel in aller Ruhe ausschlürfen und dann ganz entspannt hinüber zur Stumpfendstelle der neuen Pöstlingbergbahn schlendern. Mit etwas Glück steht dann da einer der durchaus interessant im Retrodesign gestalteten Wagen. Der freundliche Triebfahrzeugführer ist dem Orts- und Automatenunkundigen gerne beim Lösen des Billets behilflich und schon kurz darauf geht es flugs über die Donau und hinein in das Verkehrsgetümmel der Urfahrer Rudolfstraßenkreuzung. Etwas später schnurrt die Bahn am ÖBB-Bahnhof Urfahr vorbei, läßt die Wendeschleife der Tram aber links liegen und quert die Mühlviertelbahn. Der pittoreske alte Talbahnhof der Pöstlingbergbahn ist nun Museum und wird galant umfahren; auf der Höhe der Remise fädelt man sich auf die alte Trasse ein.

2007 standen im Talbahnhof noch die alten Triebwagen zur Bergfahrt bereit, manchmal zusammen mit einem der filigranen Sommertriebwagen. Drei der alten Knaben hat man auf 900mm umgespurt, die Sommerwagen sind seit dem Umbau Geschichte und wurden an andere Betriebe/Museen abgegeben.

Die Strecke hinauf zum Pöstlingberg birgt keine Überraschungen, umgespurt ist sie halt und modernisiert, mühelos erreicht der auch innen mit Retro-Holzsitzen angenehm anzusehende Bergrennbomber (Bombardier Mountainrunner) nach steiler Fahrt die Endhaltestelle in der umgebauten Kasematte.

Nur dem Sachverständigen fällt auf, daß hier jetzt stinknormale Gleise mit Vignolschienen und Standardweichen liegen, in 900mm-Spurweite. Früher hatte es Meterspur mit zangenbremsbedingten Keilkopfschienen und daraus resultierende Schleppweichen. Dem allgemeinen Standard-Pöstlingtouri ist das vollkommen wurscht.

Oben hat sich gottseidank nichts wesentliches getan: Die Aussicht ist je nach Dunstlage mehr oder minder grandios, die Wallfahrtskapelle hat seit 1963 nicht mehr gebrannt und die Grottenbahn kreist unermüdlich durch die Zwergenwelt.

Und wo bleibt das vergleichsweise vergleichende Vergleichsfazit? Die Fahrt auf der steilsten Adhäsionsbahn Europas ist nach wie vor ihre 5,80 Euro wert, aber sie hat viel von ihrem Zauber verloren. Die alten Wagen brummten redlich bemüht und doch mit stoischer, vertrauenserweckender Solidität hinauf zum Pöstling, die neuen sind wie so vieles heutzutage arg glatt und wirken trotz oder gerade wegen ihres Designs, das die Brücke zwischen Nostalgie und Moderne zu schlagen versucht, seltsam keimfrei. Man fährt halt mit einer modernen Tram den Berg hinauf. Kein Geruch mehr nach altem Holz und warmer Elektrik, keine vor die Stirnseite gehängten Fahrräder und Kinderwagen mehr. Als Verkehrsmittel hat die Pöstlingbergbahn gewonnen, als Original hat sie schwer gelitten. Immerhin kann man mit etwas Glück mit einem der drei restaurierten und angepassten Altwagen VIII, X und XI aus der Nachkriegszeit noch etwas vom einstigen Aroma dieser nach wie vor außergewöhnlichen Bergbahn schnuppern.

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09/08/2014

Wo wenig tatterige Alttriebwagen zum Attersee rattern

Einst - nein, neulich im Mai kreuzte mein Weg die Gleise der meterspurigen Attergaubahn zwischen St. Georgen und Attersee am Attersee. Diese liebenswert stottrig-alliterativ klingende Gemeinde ist die Endstation der Attergaubahn vom Vöcklamarkt nach Attersee (und damit auch zum Attersee). Wobei die Gleise bis 1972 noch bis zum Anleger bzw. zu einem Trajektanschluß eines Holzwerkes führten. Heuer (wie der Attergauer sagt) ist schon gut 400m früher Schluß im Bahnhof Attersee, immerhin noch in Sichtweite des Sees.

Hier findet man auch die Remise, die aber anders als der hübsche Bahnhof nicht mehr historisch ist, denn das ursprüngliche Gebäude brannte in den 80ern ab, wobei wunderbarerweise die darin abgestellte Nostalgiegarnitur in letzter Minute der Feuersbrunst entrissen werden konnte. Puh.

Während die Atterseer Burschen drüben auf der anderen Straßenseite den Maibaum aufstellen und schon reichlich erhitzt um die nächste Runde Bier für die nächste Aufstelletappe feilschen, schlendere ich - die üblichen 3 Minuten möglicher Besichtigungszeit nutzend, ein wenig auf dem Bahnhofsgelände einher und bewundere die Ansammlung alter schweizerischer Meterspurfahrzeuge, die - typisch für eidgenössisches Fahrzeugdesign - keinesfalls so alt wirken, wie sie wirklich sind. Tatsächlich sind alle Plandienstfahrzeuge der kleinen Bahn gerade hier versammelt.

Wer würde denken, daß der ET 26 111 schon im Jahre 1951 das Licht der Berge erblickte, seine ebenfalls gerade im Bahnhof ruhenden Zwillingskollegen gar schon im Jahr 1949? Andersherum: Werden die Plastikmonstrositäten, die man derzeit auf Gleise jeder Spurweite zu setzen pflegt, in 63 Jahren dem Auge ebenso schmeicheln wie die alten Schweizer oder es nach wie vor beleidigen, so sie nicht längst der Materialermüdung anheim gefallen sind?

Wie bereits erwähnt, reicht die Zeit nur für ein paar schnelle Schnappschüsse, dann noch ein Blick über den See, wo die "Stadt Vöcklabruck" gerade auf den Anleger von Attersee am Attersee zuschnürt, dekoriert mit dem eher dezent angebrachten berühmten Bild "Der Kuss" von Gustav Klimt, der hier am See von 1900 bis 1916 seine Sommerfrische verbrachte, ein bärtiger Brocken von einem Künstler im Malerkittel, dem man nachsagte, er habe mit jedem seiner weiblichen Modelle eine erotische Beziehung gehabt, was angesichts der dampfenden Kraft seiner in Gold und Ornamenten schwelgenden, ungemein sinnlichen Frauenportraits sicher nicht so ganz ins Land der Legenden gehört.

Vielleicht ist der virile Gustav auch hin und wieder mit der "Lokalbahn Vöcklamarkt-Attersee", wie die Attergaubahn offiziell heißt, gefahren. Denn sie wurde bereits im Jahre 1913 eröffnet und erfreut sich nach wie vor regen Zuspruchs, sodaß meine Chancen, eventuell auch mal die 15,3 Kilometer der Kursbuchstrecke 180 in mehr oder minder vollen Zügen zu genießen, immer noch ganz gut stehen.

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08/08/2014

Fahrerlebnis ganz ohne Schalter

Vor ein paar Jahren fanden sich ein paar benzinaffine Menschen zusammen und sorgten dafür, daß auf der Radrennbahn bei mir um die Ecke sich einmal im Jahr die Freunde historischer Fahrzeuge – bevorzugterweise einspuriger Art – für einen Tag auf dem steilkurvigen Oval austoben können. War die Radrennbahn bis zu diesem Tage eher terra incognita für mich, gehört es inzwischen zur Tradition, daß ich mich an einem Samstag (inzwischen meist im Juni) auf meinen treuen alten Zündapproller schwinge und mir die grandios verrückten Kollegen anschaue, die sich tatsächlich mit Mopeds jeder Baugröße und Altersstufen ins Oval begeben, um so zwei bis siebenundvierzig Runden selig umherzuknattern.

Anmerkung: Die Bilder sind aus den Jahren 2008, 2012 und 2014.

Ich selbst traue mir das nicht so recht zu und bleibe doch lieber bei meiner Rolle als professioneller Zuschauer. Wobei man auch am Rande ganz herrliche Benzingespräche führen kann; groß ist die Freude, wenn Menschen spontan auf einen zuschnurren und meinen weißen Blechkameraden mit dem geflügelten Z trotz oder gerade wegen seiner ehrlich erworbenen leichten Patina mit viel Wohlwollen betrachten.

In der Ovalmitte gibt’s auch immer viel zu sehen. Die „Fahrerlager“ der Teilnehmer, wo sich heuer sogar ein originales Opel-Motorrad mit den charakteristischen roten Reifen und Gummiteilen einfand. Aber auch für die Freunde vierrädriger Fortbewegung gibt es genug Interessantes.

Was wirklich toll ist: Das Nebeneinander. Alle Fraktionen im Spaß an der gemeinsamen Sache vereint. Da stehen Harley-Bahnrenner von anno dunnemals neben bunten Velosolexen, die Vespafreunde werfen auch einen wohlwollenden Blick über den Tellerrand auf die Heinkel-Aficionados und umgekehrt. Keine Ahnung, wie die das machen, aber irgendwie strahlt diese Veranstaltung eine heitere Harmonie aus. Die Zuschauer betrachten die Hot-Rods mit demselben Interesse wie das alte Feuerwehrauto. Und wenn die Velos durchs Oval schnurren, hört man kein böses Wort von den Fans großer Zylindervolumen, eher Anfeuerungsrufe.

Selbst der wirklich etwas peinliche Moment, als einer der diesjährigen Sponsoren seinen nagelneuen Plastik-Elektroroller zu ein paar praktisch geräuschlosen Runden auf die Piste schickte, erzeugte nicht mehr als ein Schulterzucken beim Publikum. Schließlich wußte man jetzt mit endgültiger Gewissheit, warum man die knatternden, bollernden und teilweise mit ordentlicher Zweitaktfahne winkenden Gefährte von 50 bis 1200 Kubik so ins Herz geschlossen hat: Weil sie eben nicht clean, lautlos und trocken abwischbar sind, sondern man sich an ihnen noch die Finger verschmutzen und die Ohren zum Klingeln bringen lassen kann.

Der Erfinder des Fahrerlebnisschalters sollte sich das Ganze mal zu Gemüte führen und fortan sein Dasein demütig als Staudengärtner fristen.

Inzwischen hat die Veranstaltung etwas an Professionalität gewonnen, dank eines ortsansässigen und offensichtlich recht rührigen Werbespezialisten, der die gute Gelegenheit zur eigenen Profilierung natürlich nutzte, gab es dieses Jahr sogar statt eines besprühten Bettuches als Veranstaltungshinweis echte, gestaltete Plakate (und das Logo des Gestalters überall wo Platz war...)

Man hat sogar das Wort „Bahnsinn*“ dem Herrn Kosak (hoffentlich) abgekauft (oder zumindest angemietet). Und das trifft schon das Gefühl, wenn man so im Rund steht und eine Gruppe aus Vespas, Horexen, NSUs und Velosolexen mit ganz unterschiedlichen, aber stets ordentlich vernehmbaren Lautäußerungen um einen herumschnurren.

Ich komme nächstes Jahr wieder, versprochen.

* „Bahnsinn“ ist eine eingetragene Marke von Willy Kosak, Nennung an dieser Stelle zum Zwecke der Dokumentation. Sollte etwas gegen die Nennung dieses Begriffes in diesem Text sprechen, bitte ich um Mitteilung (ohne Abmahnung), dann wird das Wort unverzüglich, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht aus dem Text entfernt.

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01/08/2014

Die Traumdemontierer

Vor 45 Jahren setzte der erste Mensch einen Fuß auf den Mond. Neil Armstrong machte einen kleinen Schritt und die Menschheit starrte mit offenem Mund in die Julinacht des Jahres 1969 und merkte vor lauter Staunen überhaupt nicht, was für einen großen Sprung sie da machte.

Buzz Aldrin auf dem Mond, fotografiert von Neil Armstrong. NASA Image # : AS11-40-5903

Liebe Abmahner, bitte lesen:
"NASA still images; audio files; video; and computer files used in the rendition of 3-dimensional models, such as texture maps and polygon data in any format, generally are not copyrighted. You may use NASA imagery, video, audio, and data files used for the rendition of 3-dimensional models for educational or informational purposes, including photo collections, textbooks, public exhibits, computer graphical simulations and Internet Web pages. This general permission extends to personal Web pages." Siehe: http://www.nasa.gov/audience/formedia/features/MP_Photo_Guidelines.html#.U9wPwWMoBrM


Aber halt - stimmt das überhaupt? Inzwischen gibt es Leute, die beruflich damit beschäftigt sind, das Unternehmen Apollo anzuzweifeln. Alles nur Show, sagen diese Verschwörungsaufdeckungsprofis, gedreht in einem Filmstudio irgendwo in den Weiten einer amerikanischen Wüstenei, Regie Stanley Kubrick.

Ich glaube, daß die Mondlandungen wirklich stattgefunden haben. Einfach weil sie ein Unternehmen waren, das auf einem irren Traum basierte - vielleicht dem letzten verrückten Traum, den die Menschheit sich erfüllte - und daher so gut in die 60er Jahre passte. Die ultimative technische Überhöhung des Wolkenkuckucksheims. Und weil ich nicht mal den Amerikanern zutraue, eine Unternehmung diesen Ausmaßes zu faken. Immerhin waren alles in allem ungefähr 400000 Menschen direkt oder indirekt an der Sache beteiligt, da hätten sich sicher einige gefunden, die (notfalls für einen entsprechenden Geldbetrag) den Pfeifenbläser gespielt hätten. Auch die Russen hätten wohl kaum ihre endgültige Niederlage beim Rennen um den Mond mit einem Schulterzucken hingenommen, wenn sie in Erfahrung gebracht hätten, daß man sie (und den Rest der Welt) mal so richtig veralbert hätte.

Trotzdem wird der große Traum vom Mondspaziergang mit unglaublicher Akribie auseinander genommen. Da hilft auch kein noch so gutes Gegenargument. Nicht mal Gewalt (siehen unten). (Wer jetzt Parallelen zur deutschen Eisenbahnszene sieht, dem sei gesagt: Das ist nicht nett. Denn bei den einen geht es um Eifersucht, Boshaftigkeit, Selbstüberschätzung und -beweihräucherung und bei den anderen um die Mondlandung…)

Und das ist die bittere Quintessenz: Wenn es darum geht, positive Dinge zu zerkleinern, läuft der Mensch zu absoluter Topform auf. Ja, klar, Krieg ist nicht so toll. Da geht man sogar vielleicht mal demonstrieren dagegen. Paar Jahre später ist das ja auch eine nette Anekdote beim Geschäftsführertreffen in St. Moritz.

Aber dem Beweis, daß die Mondlandung unmöglich wahr sein darf, widmen Leute ihr ganzes verdammtes Leben. Liegt das vielleicht daran, daß man sie weder gefragt noch mitgenommen hat? Zweifeln an sich ist ja nicht verboten und durchaus oft genug angebracht - aber warum nur dieser an Besessenheit grenzende missionarische Eifer? Warum ist es notwendig, den alten Buzz so lange vor allen Leuten als Lügner und Betrüger zu beschimpfen, bis man von dem Weltraum-Senioren eine auf die weise Nase bekommt?

Menschen sind Idioten. Ganz oft.

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